Die Fahrt Richtung Muonio war so, wie wir uns das gesamte Fahren in Finnland vorgestellt haben – lange, gerade, hügelige, schnee- & eisbedeckte Straßen mit unendlichen Wäldern und keiner Menschenseele auf vielen Kilometern. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Geschwindigkeitslimits bei diesen Verhältnissen teilweise höher waren, als auf den gesalzenen 4-spurigen Autobahnen – d.h. wir durften mit 100km/h – durch Spikes in den Reifen auch auf Eis relativ sicher – durch Schnee und Eis sausen.
In Muonio angekommen lachte die Sonne und wir machten uns auf die Suche nach der 20 Seelengemeinde Torassiepi am Tora Sieppi (See). Dort sollte schon eine kleine Hütte – auf Finnisch“Mökki“ – in der Torassieppi Reindeer Farm auf uns warten. Nun, wir sind nicht wirklich auf der Farm, diese ist ca. 500m weiter gelegen aber wir haben eine Hütte direkt am See bekommen. Hier stehen ca. 15 Mökkis, eine Sauna direkt am See (mit eigenem Eisloch) und ein vor 4 Wochen eröffnetes kleines Restaurant welches für die Hausgäste, sowie Schneeschuh-& Skilangläufer und Schneemobilfahrer als Raststätte und Sammelpunkt dient. Für Autos gibt es Steckdosen um die Standheizungen zu versorgen.
Nur kurz nach dem Ausladen kam auch schon der „farmeigene“ Guide auf uns zu, um mit uns mögliche Aktivitäten zu besprechen. Auf unserer Agenda stand: Huskys, Rentiere, Nordlichter (Aurora Borealis), Skilanglauf, Sauna mit Eisbaden und Schneemobile sowie u.U. Skiabfahrt. Für das Abfahrt-Skifahren wurde uns das nahe Skizentrum in Pallas im Yllästunturi National Park empfohlen und wir machten uns sofort auf den Weg. Für Alpine Wintersportler ist es eigentlich absurd, sich in Finnland auf die Abfahrtsski zu stellen, aber es hatte dennoch einen ganz besonderen Reiz auf runden, baumlosen Hügeln dem Sonnenuntergang entgegen zu fahren. Also liehen wir Ski für eine Stunde, buchten eine Stunde Schlepplift und los ging es – für Protokoll mit 95€ ist dies unsere teuerste Skistunde :)
Für den nächsten Tag war ein Besuch der Farm, sowie eine Schlittenfahrt mit Rentieren geplant. Wir wurden mit einem Schneemobil abgeholt und die 500m zur Farm – dick eingepackt, da Temperaturen im zweistelligen Minus-bereich und leichter Schneefall. Nach der rasanten Fahrt haben wir zunächst einige allgemeine Informationen über die Tiere erhalten. Dann war kurze Fotosession der jeweils an einen Baum angebundenen Rentiere angesagt – das eine erfahrener und fotogen, andere eher schüchtern, da neu in der Branche. Ein Teil der Tiere wird regelmäßig für Ausfahrten eingesetzt, der Rest verbringt Tag und Nacht (es gibt keinen Stall, d.h. sie sind bei jeder Temperatur draußen) im Freigehege.
Wie viele Tiere es insgesamt waren haben wir uns nach Studium unserer Reiseführer nicht getraut zu fragen – dort wird streng verboten einen Rentierbesitzer nach der Anzahl seiner Tiere zu fragen und mit der Frage an einen Deutschen nach dessen Kontostand verglichen.
Schließlich wurde jedem Schlitten der mit zwei Personen besetzt war ein Rentier vorgespannt. Die aus Holz gebauten Schlitten waren mit wärmenden Rentierfellen ausgelegt, darüber eine wärmende Decke und los ging es durch die Winterlandschaft.
Die ersten Meter waren noch alle aneinandergebunden, doch dann war jedes Gespann „alleine“ bzw. folgten alle dem ersten Tier samt Züchter. Langsames Gehen bei leichten Anstiegen und doch „rasantes“ Rennen bei Gefällen wechselten sich ab – dazwischen immer wieder kurze Pausen und Abkühlen der Schnauze im Schnee. Nach dem Rundweg gab es dann zur Belohnung für alle Tiere Moos und ein letztes Fotoshooting der Jungen, Alten, mit und ohne oder nur noch teilweise besetzten Geweihe (sie verlieren diese 1x pro Jahr). Zurück zu unserer Unterkunft mit etwas mehr PS gab es zunächst eine wärmende Suppe und anschließend der obligatorische Saunagang.
Nach einer erneut klaren, aber leider nordlichterlosen Nacht weckten uns Sonnenstrahlen und blauer Himmel. Die gefrorene Milch im Zwischenfenster lies eine sehr kalte Nacht vermuten und der Blick aufs Thermometer bestätigte es: -25 Grad! Was hilft da? Nein, die Sauna ist leider noch nicht auf Betriebstemperatur, aber warm anziehen und Bewegung sollten auch helfen – und die Sonne ließ es erträglich machen die Mökki verlassen zu wollen.
Langlaufequipment stehen jedem Gast frei zur Verfügung und so standen wir schon kurz darauf startklar am See. Zunächst noch durch den leicht mit Neuschnee befallenen, jungfräulichen Schnee ging es über eine 60cm Eisschicht über den See Richtung Wald und dort auf frisch gespurten Loipen auf einen 10km-klassischen Rundkurs. Ohne eine Menschenseele, teils durch die Sonne gewärmt oder klirrend kalt, ging es Kilometer für Kilometer durch eine geniale Winterlandschaft. Immer wieder wollte man anhalten um die wunderbare Stimmung aufzunehmen (teilweise auch um wieder Puste zu bekommen ;) – glitzernde Schneeweiten, Wälder, Tierspuren im Schnee… Erst zum Ende traf man wieder auf Autostraßen und Zivilisation – und unsere Mökki-Siedlung mit der Vorfreude auf eine wärmende Fischsuppe.
Nach der Stärkung und kurzer Ruhepause konnten wir es kaum erwarten in die Sauna gehen zu können. Nach einem ausgiebigen Saunagang mit mehreren Aufgüssen lag das große Ziel etwa 50m von der Sauna entfernt – das Eisloch im See! Nicht lange überlegen war die Devise – einfach losrennen, Stufe 1 und 2 ins Wasser, festhalten uuund abtauchen! Brrrrrrrr, schnell raus da und wieder rennen… wobei man jetzt gar keine Kälte mehr verspürte, außer an den Fußsohlen. Und weil es (im Nachhinein) so schön war – gleich nochmal.
Zum Essen ging es in das nahe gelegene Ski-Resort in ein Restaurant mit Glasdach – und als ob wir es gewusst hätten (naja, die Vorhersage war für diesen Abend gut, aber so früh?) – haben wir uns plötzlich über die Wolkenschwaden gewundert, und dann noch grünlich? Nein, das ist das Polarlicht. Nachdem auch die Finnen am Nachbartisch interessiert in den Nachthimmel geschaut haben waren wir uns sicher keine Halluzinationen zu haben, sondern wirklich eine „Aurora Borealis“ zu sehen.
Nach dem Essen verfolgten wir das Lichtspiel am Himmel – mal stärker, mal schwächer – auf dem Heimweg durch die unbeleuchteten Straßen und bei jedem Erwachen in der Nacht erfolgte ein Blick aus dem Fenster.
Um Polarlichter zu sehen braucht man doppeltes Glück und die richtige geografische Breite. Letztere hatten wir definitiv. Die anderen beiden Determinanten sind einerseits klare Sicht sowie einen stärkeren Sonnenwind. Über die Strahlung haben wir uns auf der Website des Geophysischen Institutes der Alaska Fairbanks Universität informiert. Die Aktivitätsskala reicht von 0 (kaum Aktivität) bis 9 (extreme Aktivität). In den ersten Tagen unseres Urlaubs konnten wir lediglich eine 1 oder 2 auf der Website erspähen, aber dann war es freitags soweit und es war eine 3 vorhergesagt, die sogar als 4 gewertet wurde und zu guter letzt hat auch das Wetter mitgespielt und wir hatten eine sternklare Nacht.
Um die Wintersportmöglichkeiten zu komplettieren war am folgenden Tag eine Schneeschuhwanderung angesagt. Über den heute hoch frequentierten See – von Husky-Schlitten, Schneemobilen und Langläufern – ging es kreuz & quer durch den Tiefschnee. Trotz Vorwarnung kam es uns dann doch etwas seltsam vor plötzlich mit den Stöcken in Wasser zu sinken. Angeblich nur eine Ansammlung auf der Oberfläche der Eisschicht, aber ohne vorherigen Saunagang wollten wir dann doch nicht baden gehen und trampelten uns schnell wieder einen Weg ans rettende Ufer. Kaffee und Zimtgebäck – langsam gewöhnt man sich doch an den finnischen Kaffeekonsum – in der warmen Mökki und wer noch nicht ganz ausgepowert war machte sich noch mal schnell auf eine Langlaufrunde.
Nach den Rentieren folgte heute die etwas rasantere Schlittentour-Variante mit Tieren. Auf der Husky Farm empfing uns schon von Weitem heulendes Gebell. Jedem Schlitten wurden dann 6 der rund 400 Tiere vorgespannt. Nach dem Lösen der Leine konnte nur das Stehen auf der Bremse (Eisenspitzen die mit vollem Körpergewicht in den Schnee gedrückt werden) die vor Vorfreude umherspringenden Hunde aufhalten, bereits ohne den „Beifahrer“ loszurennen.
Nach dem erlösenden Zeichen des Leitschlittens und somit Freigabe der Fußbremse konnte die Vierbeiner nichts mehr halten. Der Fahrer mit festem Griff stehend hinter dem Schlitten, der Beifahrer in den Rentierfellsitz gepresst ging es ohne Stoßdämpfer über jede Bodenwelle. Selbst nach dem 9km Rundkurs schienen die Hunde nicht wirklich erschöpft.
Morgen geht es wieder Richtung Süden nach Rovaniemi – die Hauptstadt des Weihnachtsmanns – und dann weiter nach Kuopio und Lahti.
Unterkunft Muonio:
- Torassieppi Reindeer Farm & Cottages
- 70€ für eine Mökki pro Nacht
- inkl. Parken
- WLAN im Hauptgebäude
Hallo Ihr Zwei,
wir das heißt
t Rudi; Sven, Marlies,Renate;Jürgen,Muddi,Paps und jerry grüßen die Nordländer
Hey Ihr Zwei,
klingt traumhaft…. Ich bin ja ein bisschen neidisch. ;-)
Genießt den Rest des Trips und kommt heile wieder!
Liebes Grüßle, Anette