Die Reise nach Kyoto (京都市) führte uns zunächst wieder zurück nach Nagoya. Am dortigen Bahnhof aßen wir zu Mittag und fuhren nach einer Stunde weiter. Von Nagoya aus brauchten wir noch eine gute halbe Stunde mit dem Zug nach Kyoto (37min für 150km = ca. 240km/h) .
Im Hauptbahnhof besorgten wir uns zuerst wieder eine Stadtkarte und ließen uns den Weg zu unserem Ryokan beschreiben. Dieses war diesmal leichter zu finden und wir brauchten nur einen Anlauf. Nach zehn Minuten Fußweg waren wir schon in einer kleinen Seitegasse angekommen und betraten durch eine Schiebetür unsere Bleibe für die nächsten vier Nächte. Am Eingang zogen wir brav die Schuhe aus und wurden von der Hausherrin auf Englisch noch einmal kurz auf zu Beachtendes hingewiesen und bekamen alles erklärt (besonders die Bedienung der Klima-Heizung-Kombination).
Kyoto ähnelt im Zentrum vielen anderen japanischen Großstädten, auf Spaziergängen trifft man aber immer wieder auf das historische Erbe der Stadt.
Mit heute 1,47 Mio. Einwohnern war Kyoto von 794 bis 1868 die kaiserliche Hauptstadt und wird von vielen Japanern auch heute noch als das kulturelle Zentrum Japans betrachtet. In Kyoto befinden sich 17 Welterbestätten der Unesco, über 1600 buddhistische Tempel und mehr als 400 Shinto-Schreine. Die Mehrheit der Bilder, die man mit Japan verbindet, stammt wahrscheinlich aus Kyoto.
Wir richteten uns kurz im Zimmer ein und begaben uns dann zum Higashi-Hongan-Ji (Eintritt frei), einem Tempel in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Ebenso liegt der Nishi-Hongan-Ji (西本願寺 Eintritt frei) auch nur zwei Blöcke weiter. Da die meisten Tempel, Schreine und Burgen gegen 16-17 Uhr schließen, konnten wir nur einen kurzen Blick auf den Nishi-Hongan-Ji werfen. Für das Abendessen suchten wir wieder den Hauptbahnhof auf. Nach einigen Photos vom Kyoto Tower und der Stahl-Glas-Konstruktion des Bahnhofsgebäudes (京都駅), gingen wir zurück ins Ryokan. Abends ist es in den traditionell japanischen Gasthäusern üblich, zu baden. In Japan wird ein Bad für Alle eingelassen. Deswegen wird vorher geduscht und ordentlich eingeseift, bevor man schließlich (nur zur Entspannung!) ins heiße Badewasser gleiten kann. Danach schlüpft man in den Yukata und begibt sich ins Bett.
Für den nächsten Tag war ein volles Programm geplant. Wir standen gegen 8 Uhr auf und machten uns auf die Socken. Zuerst Richtung Osten zum Sanju-Sangen-DÅ (三åä¸‰é–“å ‚ Eintritt ¥600pP). Danach hielten wir uns an eine Empfehlung des LP und begaben uns auf den im Buch beschriebenen Stadtspaziergang durch das südliche Higashiyama (æ±å±±åŒº). Unser Tempel-Marathon begann mit dem Kiyomizu-Dera (清水寺 Eintritt ¥300pP), welcher der buddhistischen HossÅ-Schule gehört. Da der Higashiyama-Bezirk auf jeden Fall während eines Aufenthaltes in Kyoto besucht werden sollte, waren schon viele Touristen unterwegs. Die von Holzpfeilern getragene Veranda an der Haupthalle des Kiyomizu-Dera war schon gut gefüllt und neigte sich, meiner Meinung nach durch diese Art von Beanspruchung hervorgerufen, schon merklich nach vorne. Nach der Tempelbesichtigung ging es wieder den Berg hinab durch die kleinen, malerischen Straßen Sannen-Zaka und Ninen-Zaka (äºŒå¹´å‚ & 三年å‚). Souvenirläden, Süßwarengeschäfte, Teehäuser und Restaurants säumen die Straßen und laden zum Schlendern und Verweilen ein. Auf der Ishibei-KÅji bogen wir ab zum KÅdai-Ji (高å°å¯º). Die Gelände der Tempel in Kyoto sind teilweise sehr weitläufig und man könnte einen halben Tag damit verbringen, alle Gärten und Nebentempel einer Anlage zu besichtigen. Wir gaben uns mit der Haupthalle und dem umliegenden Gelände zufrieden und wanderten weiter in den Maruyama-KÅen (円山公園). In der Mitte des Parks steht der berühmteste Kirschbaum Kyotos, der shidare-zakura. Weiter bergab gelangten wir zum Yasaka-Jinja(å…«å‚神社), dem Schutzschrein des Stadtviertels Gion (祇園). Gion, das als Vergnügungs- und Geisha-Viertel bekannt ist, war an diesem Tag (Sonntag) gut besucht. Menschenmassen wälzten sich links und rechts entlang der Shijo-Dori Richtung Kyoto-Zentrum. Wir bogen links in die Hanami-KÅji-Dori ab und gelangten in etwas ruhigere Seitenstraßen. Hier und da kann man sich sehr gut vorstellen, wie es früher in Gion ausgesehen haben mag (z.B. beschrieben von Arthur Golden in Memoiren einer Geisha), aber neue Restaurants, Kneipen und Clubs beeinträchtigen das Erlebnis etwas.
Während ich an einem der zahlreichen Imbißstände in der Schlange stand, wurde Björn von einem sehr netten, 81-jährigen, japanischen Professor angesprochen. Zunächst auf Englisch, dann unterhielten sich die Beiden jedoch auf Deutsch weiter. Man tauschte sich über Japan und Deutschland aus und im Mai diesen Jahres wird der Professor für Zivilprozessrecht u.a. in Würzburg, Bonn und München Vorträge halten. Da Adressen und Telefonnummern ausgetauscht wurden, sind wir sehr gespannt, ob Björn im Mai einen Anruf erhält.
Nach dem Mittag besichtigten wir den Chion-In (知æ©é™¢ Eintritt frei/¥400pP) mit dem größten Tempeltor Japans, dem zweistöckigen San-Mon (Höhe 24m). Der Tempel ist das Zentrum der JÅdo-Schule, nach deren Auffassung bereits der feste Glaube an Buddha ausreicht, um erlöst zu werden. An der Stelle sei bemerkt, dass Japaner es mit dem Glauben bzw. der Religion nicht allzu streng sehen. Man kann durchaus gleichzeitig mehreren Religionen angehören, je nachdem, was gerade gebraucht wird. Inzwischen feiern einige Japaner sogar die Geburt Christi (allgemein bekannt als Weihnachten). Ebenso findet man im Glockenturm des Chion-In die größte Glocke Japans mit einem Gewicht von 74t. Sie wird einmal im Jahr während der Neujahrszeremonie durch gleichzeitige Anstrengung von 17 Mönchen zum Klingen gebracht. Neben dem Chion-In liegt der ShÅren-In (é’蓮院 Eintritt ¥500). Es folgten der Nanzen-Ji (å—禅寺 Eintritt frei/¥300-¥500) und der Eikan-DÅ (æ°¸è¦³å ‚ Eintritt ¥600pP), von dem aus wir den Philosophen-Weg (哲å¦ã®é“) Richtung Norden nahmen. Er führt unter Kirschbäumen entlang eines Kanals zum Ginkaku-Ji (銀閣寺). Der Ginkaku-Ji (Silberner Pavillon, Eintritt ¥500) sollte ursprünglich gänzlich mit Silber überzogen werden, diese Pläne wurden aber nie umgesetzt. Da es inzwischen wie aus Eimern schüttete, entschlossen wir uns, für den Rückweg die U-Bahn zu nutzen. In Kyoto gibt es nur zwei Linien und U-Bahn-Fahren ist etwas teurer als in Tokyo. Im Ryokan angekommen, gingen wir baden, um uns aufzuwärmen und aßen dann Fertig-Nudeln aus der Styropor-Packung.
Den zweiten Tag verbrachten wir im Nordwesten der Stadt. Wir frühstückten Doughnuts und Kaffee im Hauptbahnhof. Da wir den vorherigen Tag mehr nass als trocken verbracht hatten, trauten wir dem Wetter nicht richtig und entschieden uns für ein Bus-Tagesticket. Für gerade einmal ¥500 kann man den ganzen Tag die zahlreichen Busse in Kyoto nutzen. Mit dem Bus fuhren wir zum Kinka-Ku-Ji (金閣寺), dem Goldenen Pavillon (Eintritt ¥400pP). Auch hier, trotz der Tatsache, dass Montag war, Touristenmassen. Leider sind die Photos dieses Tages nicht wie gewohnt, da es bewölkt war. Wir liefen weiter zum RyÅan-Ji (é¾å®‰å¯º Eintritt ¥500pP) und Ninna-Ji (ä»å’Œå¯º Eintritt ¥500pP). Auf dem Weg entdeckten wir ein Kaiten Sushi (Laufband-Sushi), dass wir zu Mittag aufsuchten. Da wir nicht in einer typischen Touristengegend unterwegs waren oder in diesem Lokal einfach keine Touristen ohne Japanisch-Kenntnisse erwartet werden, waren wir erstmal hilflos. Auch eine Nachfrage bei der jungen Frau an der Kasse brachte uns nicht weiter. Erst als wir hartnäckig vor dem Automaten standen, an dem man offensichtlich eine Wartenummer ziehen musste, kam ein netter Mann auf uns zu und fragte auf Englisch, ob er uns helfen könnte. Er zog uns ein Ticket und bat auch die Dame, die die Nummern aufrief (nein, keine Anzeige, das wäre zu einfach gewesen), uns extra Bescheid zu sagen, wenn wir dran sind. Wir bekamen einen Tisch und saßen nun ebenso wie knapp 50 Japaner am geschätzten 30m langen Band, auf dem die Sushi-Teller an uns vorbeifuhren. Natürlich war das Restaurant nicht 30m lang, das Band lief geschwungen durch den Raum. An jedem Tisch war ein kleiner Touchscreen (auf japanisch), wir bekamen aber nach 10-Minuten-Herumrätseln und aus-Versehen-die-Kellnerin-rufen (nie einen roten Button drücken) eine Erklärung auf Englisch: man wählt am Bildschirm aus, was man essen möchte, gibt die Anzahl der Teller an und wenn sich das Gericht auf dem Band nähert, wird durch Ton- und Bildzeichen angegeben, dass die Bestellung vom Band genommen werden kann. Nachdem wir einmal begriffen hatten, wie es geht, hatten wir sehr viel Spass. Da wir in anderen Restaurants ab und zu das Problem hatten, nicht alle Bestandteile eines Gerichtes zu mögen, konnten wir hier nur unsere Lieblings-Sushi essen. Dazu gab es noch Suppen, Desserts, Eis und Getränke. Gesättigt traten wir den Weg zum Daitoku-Ji (大徳寺 Eintritt frei) an. Diese Tempelanlage umfasst neben dem Haupttempel 24 weitere Nebentempel im Zen-Stil. Für den Abend hatten wir Eintrittskarten für die Burg NijÅ (二æ¡åŸŽ Eintritt ¥600pP) von unserer Hausherrin bekommen. Eigentlich schließt die Burg um 17 Uhr, aber für einige Tage wird die Burg abends beleuchtet und Lichtinstallationen wurden angebracht (Eintritt ¥1000pP). Über das Burggelände waren sehr stimmungsvolle Lichtinstallationen verteilt und wir sind froh, dies gesehen zu haben.
Am letzten Tag in Kyoto gönnten wir uns Schlaf bis um Neun. Danach gab’s Frühstück im Starbucks. Die Sonne hatte auch wieder zurück nach Kyoto gefunden. Wir wollten einen letzten entspannten Tag verbringen, bevor wir die nächsten Wochen fast jeden Tag in ein neues Domizil umziehen. Deswegen schlenderten wir die Einkaufsstraßen Richtung Gion entlang, liefen noch einmal durch die Gässchen am Kiyomizu-Dera, beobachteten Leute auf den Tempelstufen und genossen die Atmosphäre Kyotos. Nach einem kurzen Zwischenstop im Ryokan gings zum Bahnhof für ein verspätetes Mittagessen. Es gab wieder Kaiten Sushi, diesmal im Restaurant Iwamura am östlichen Ende des Bahnhofs. Danach setzten wir uns mit unseren Laptops zu Starbucks und schrieben Text und bearbeiteten Bilder. Mit zwei Footlongs von Subway im Gepäck liefen wir zurück zum Ryokan und vollendeten den Artikel.
Morgen Mittag geht es weiter nach Nara. Mit 8 Welterbestätten steht Nara auf dem zweiten Platz in Japan hinter Kyoto.
Ryokan Kyoto:
- Ryokan Kyoraku
- Doppelzimmer im japanischen Stil ¥4600 pro Person und pro Nacht
- 10 Minuten Fußweg vom Hauptbahnhof Kyoto
- inklusive Yukata, Tee-Set im Zimmer, Handtuch, Fernseher
- Dusche/Bad/Waschbecken, Toiletten in Gemeinschaftsnutzung
- Waschmaschine (¥200/40 Minuten) und Trockner (¥100/30 Minuten) vorhanden
- Frühstück möglich (japanisch ¥1000, western ¥700)
- englisch sprechendes Personal, Internet
Hallo, ihr beiden!
Mir gefallen die Fotos ausgesprochen gut. Nach dieser Reportage habe ich Lust bekommen, die Geisha nochmal zu lesen. Klappt leider nicht, mein Hausmädchen ist im Urlaub. Jeden Tag genießen! Viel Spaß noch.